Der Bewegung fehlen klare Forderungen
von Jana Rösing (Kl. 11)
Man kann es gut finden, dass so viele Schüler demonstrieren, politisch werden, sich für Klimaschutz einsetzen wollen und sich dafür auch zusammenschließen. Dennoch gibt es einige Punkte, die mich an der Fridays für Future-Bewegung stören.
In größeren Städten ist es durchaus sinnvoll, zu demonstrieren, gerade wenn man dies vor Gebäuden tut, die für die Politik oder den Klimaschutz relevant sind. Aber in Jever auf dem Marktplatz zwischen einem Spielwarenhandel, einer Apotheke, einer Bank und zwei Bäckern? Das scheint mir dann doch etwas wahllos und wenig zielführend. Es ist nachvollziehbar, dass man sich auch in einer Kleinstadt für etwas Gutes einsetzen möchte, aber da gibt es effektivere Möglichkeiten. Man könnte z.B. auch als gesamte Bewegung Läden wie H&M oder bestimmte Produkte in Supermärkten solange boykottieren, bis deren Produkte nicht mehr unnötig in Plastik verpackt sind. Stattdessen könnte man auf dem Wochenmarkt einkaufen oder im Bio-Supermarkt. Solche Maßnahmen wären effektiver, da die Läden auf Kunden angewiesen sind, und gerade H&M und ähnliche Fast-Fashion-Marken leben fast ausschließlich von Jugendlichen.
Da die Fridays for Future-Bewegung weltweit aktiv ist, könnte man wahnsinnig viel bewegen. Unternehmen würden klare Forderungen einfach viel eher umsetzen, als die Politiker, weil deren Wählerschaft nun einmal nicht primär die Jugendlichen sind, zumal viele aufgrund ihres Alters ja nicht einmal wählen dürfen. Außerdem stehen auf den Plakaten leider auch nur leere Phrasen, wie „The Earth is getting hotter than my boyfriend“ oder „There is no Planet B“. Klingt zwar wirkungsvoll, ist es aber nicht. Es gibt kaum klare Forderungen und so richtig wissen die Schüler auch nicht, was sie erreichen wollen. Klar, Klimaschutz, aber wie ist dann auch unklar. Man könnte statt solchen Sprüchen einfach Verbesserungsvorschläge machen oder klare Forderungen stellen.
Warum sollte man in der Schulzeit streiken? Die Fridays for Future-Bewegung erachtet das Demonstrieren während der Schulzeit als notwendig, um die Aufmerksamkeit zu erregen, die das Thema brauche: Schulschwänzen provoziere. Das klingt zwar ganz logisch, aber je mehr man darüber nachdenkt, desto weniger zählt dieses Argument. Ich glaube kaum, dass die Demonstrationen so viel Aufmerksamkeit bekommen, weil ein paar Schüler freitags nicht im Unterricht sind, sondern weil überall auf der Welt Schüler zusammen auf die Straße gehen. Dies wäre auch problemlos am Wochenende möglich. Daraus würden auch direkt Vorteile entstehen: Der größte Kritikpunkt der Fridays for Future-Gegner würde wegfallen und man könnte sich besser auf die Problematik konzentrieren. Wenn momentan über die Bewegung geredet wird, wird leider viel zu oft das Fehlen in der Schule thematisiert und gerade die Politiker nutzen dies oft als Ausweg, um sich nicht mit der Problematik des Klimawandels auseinandersetzen zu müssen. Wenn die Demonstrationen am Wochenende stattfinden würden, würde dieser Kritikpunkt wegfallen und man könnte tatsächlich einmal über den Klimaschutz und nicht über die Sinnhaftigkeit der Demonstrationen reden. Zudem würde es auch der ganzen Aktion etwas mehr Ernsthaftigkeit verleihen, weil die Schüler beweisen könnten, dass es ihnen wirklich wichtig ist und sie die Demonstration nicht nur als Ausrede fürs Schwänzen verwenden.
Was mich allerdings massiv an den Protesten stört, ist die Heuchelei. Ich weiß, nicht alle Teilnehmer sind so, aber das Verhalten der meisten Schüler ist einfach immer noch extrem widersprüchlich zu ihrer Teilnahme an Fridays for Future. Gerade Schüler, die offen zugeben, dass ihnen die Umwelt egal ist und die mit ihren Einwegflaschen zur Schule kommen, oder andere verurteilen, weil sie anders leben, gehen dann Freitag demonstrieren, weil es ja eine gute Ausrede ist, um nicht am Unterricht teilnehmen zu müssen. Auch in Wilhelmshaven wurde z.B. nach der Demonstration überall Müll, ja sogar McDonalds-Verpackungen gefunden. Klimaschutz findet nun einmal nicht nur in der Regierung statt, Veränderung fängt beim Individuum an. Und solange so ein klimaschädliches Verhalten immer noch geduldet und nicht kritisiert wird, wird es das auch immer geben. Und gerade da wirkt dann auch der Spruch „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“ etwas deplatziert. Schließlich kann die Politik auch nichts am Konsumverhalten verändern, solange die Bürger nichts beitragen: Solange eine Nachfrage besteht, wird diese auch bedient werden und dann sind es die Bürger, die uns die Zukunft klauen. Der Schlüssel zur Nachhaltigkeit liegt in der Reflexion und der Konfrontation. Wenn wir alle unser Konsumverhalten reflektieren und Missstände kritisieren, können wir noch etwas bewegen, aber dazu müssen alle mitmachen und bei jedem Konsum nach Alternativen suchen, nach nachhaltigeren Produkten und weniger Plastikverpackungen. Solche Dinge kann man nicht auf einen Schlag verändern, man kann nicht auf einmal komplett „Zero waste“ leben, aber man kann jeden Tag einen Schritt in die richtige Richtung machen. Es gibt aber auch Sachen, die man direkt umsetzen kann und die auch immens viel Einfluss haben, zum Beispiel vegan leben oder gebrauchte Kleidung kaufen. Solche Veränderungen sind dann vielleicht kurzzeitig etwas unbequemer oder kostet etwas mehr Geld, aber der Preis, den wir für unser klimafeindliches Verhalten zahlen müssen, ist viel größer.
Ich kann die Gedanken der Autorin gut nachvollziehen. Ich glaube aber schon, dass die Aktion so groß und bekannt geworden ist, liegt auch daran, dass geschwänzt wurde. Aber ich glaube auch, dass es damit nicht getan ist und der Schwung dieser Bewegung in weitere Aktionen und konkretes Handeln umgesetzt werden muss. Hier muss nicht nur die Jugend ran, sondern alle, auch auf dem „kleinen“ Marktplatz in Jever und den vielen anderen Kleinstädten (und auch außerhalb der Schulzeit, wenn dort was los ist…)
Ich finde die Argumente des Artikels z. T. sehr nachvollziehbar. Aufpassen sollten wir allerdings, dass die allerorts zu hörende Kritik nicht dazu führt, dass die „Friday for Future“ – Bewegung geschwächt oder sogar zerredet wird und schlussendlich zum Erliegen kommt.
Der Ruf der Jugendlichen, dass ihre Zukunft bedroht ist, ist ja wohl mehr als berechtigt – vielleicht auch und gerade auf dem Marktplatz in Jever!? Wir sollten uns gegenseitig immer wieder daran erinnern, dass wir umweltbewusst leben wollen und müssen.
Also: Lasst euch nicht entmutigen und sucht nach Wegen, wie Schule und Jugendliche kraftvoll zusammenarbeiten können. Wir sitzen schließlich alle in einem Boot!
Recycling ist Ideologie in Reinform, den Preis den wir für einen von Fridays for Future geforderten gesellschaftlichen Umschwung zahlen müssen, findet auf politökonomischer Ebene statt und nicht auf privater. Der Preis ist das Aufgeben der Utopie, in der wir uns zu befinden meinen, da diese nicht mehr länger tragen wird. Recycling und Bioprodukte mögen gut und schön sein, doch wird durch die Erpichtheit auf diesen und der Verantwortung des Konsumenten das Politische entpolitisiert und damit den Neoliberalen, den Klimaleugnern/-skeptikern oder den Rechten freies Feld gewährt. Nein, der Preis, der von Fridays for Future als Bewegung gefordert wird, ist um einiges höher als zum Biomarkt zu gehen, er ist das Ende der freien Marktwirtschaft selbst, der Kommunismus möchte man meinen. Ja, ich weiß, dem Kommunismus (oder nennt das Regulieren von Märkten wie ihr sonst noch wollt, auch wenn ich da bei Zizek bleibe) wird vorgeworfen, er sei zu utopisch als, dass er realisiert werden könnte (speziell Dieselverboten oder sonstigen klaren Schritten in eine bessere Zukunft geht es ähnlich, wenn man den Großteil der deutschen Politik darauf anspricht, doch frage ich: Ist nicht die Vorstellung, dass wir durch Aufforderungen zum Recycling und den Verzicht auf H&M die Zukunft sichern können, nicht viel utopischer?